Versicherungspflicht Lehrer, Dozenten und Trainer
 

Sozialversicherungspflicht für (selbstständige) Lehrer, Dozenten und Trainer?


Selbstständige "Lehrer und Erzieher" sind grundsätzlich rentenversicherungspflichtig - und zwar völlig unabhängig davon, in welcher Rechtsform sie tätig sind. Wir erläutern, welche Sozialversicherungspflichten bestehen und worauf Sie achten müssen.

Im Rahmen einer Existenzgründung arbeiten Betroffene oftmals als Trainer, Dozenten, Berater, Coachs, Supervisoren usw. die sich durch eine angebliche Rentenversicherungspflicht vermeintlich nicht bedroht fühlen. Nicht sozialversicherungspflichtig sind Sie als "Lehrer oder Erzieher" aber nur dann, wenn Sie (nach der Rechtslage 2008)

  1. nur eine Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschale laut § 3 Nr. 26 und 26a EStG bekommen,

  2. geringfügig beschäftigt sind ("Minijob" bis 400 Euro pro Monat) oder

  3. nur gelegentlich kurzfristige, nicht "berufsmäßige" Lehraufträge übernehmen (bis zu zwei Monaten bzw. 50 Tagen pro Jahr),

  4. bereits eine (Alters)Rente oder Pension beziehen,

  5. ihrerseits eigene (sozialversicherungspflichtige) Mitarbeiter beschäftigen oder

  6. bereits vor dem 30. September 2001 einen Antrag auf Befreiung von der Sozialversicherungspflicht gestellt haben.

Falls hiernach tatsächlich Rentenversicherungspflich besteht, muss nicht zwangsläufig auch bei anderen gesetzlichen Sozialversicherungen die Beitragspflicht bestehen.


Weitere beitragspflichtige Sozialversicherungen:

Eine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) entsteht normalerweise nur dann, wenn früher schon einmal Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse bestand, zurzeit aber private oder gesetzlicher Versicherungsschutz nicht nachweisbar ist. Achtung! Aber ab 2009 werden ausnahmslos alle Selbständigen ohne Krankenversicherungsschutz Zwangsmitglieder in der GKV. Die Pflegeversicherung folgt dabei grundsätzlich der Krankenversicherung.


Eine Pflichtversicherung für Selbständige in der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es normalerweise nicht: Die meisten Berufsgenossenschaften sind nur für abhängig beschäftigte Mitarbeiter zuständig. Freiberufler und Unternehmer können aber freiwillig Mitglied werden.

Die Mitgliedschaft in der Arbeitslosenversicherung ist für Selbständige ebenfalls freiwillig, wobei hier mit Änderungen des Gesetzgebers gerechnet werden kann.

Eine freiwillige Mitgliedschaft ist meistens auch in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung möglich - wenn auch nur in bestimmten Fällen wirtschaftlich sinnvoll (z. B. im Alter und wegen der Mitversicherung von Familienangehörigen).


Lehrer, was ist das aus der Sicht der Sozialversicherung?

Jeder, der Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten von Mensch zu Mensch vermittelt, gilt als Lehrer oder Erzieher im Sinne des Rentenversicherungsrechts. Auf die Ausbildung, ein bestimmtes (Pädagogik-)Studium oder gar ein staatliches Lehrerexamen kommt es nicht an. Der Inhalt des Unterrichts ist ebenso wenig entscheidend wie die Art des Auftraggebers. Das hat das Bundessozialgericht in einem Grundsatzurteil aus dem Jahr 2000 unterstrichen. Als Lehrer gelten zum Beispiel VHS-Dozenten, Handwerkskammer-Ausbilder, Fitness- und andere Sporttrainer, Tanz-, Fahr- oder Sprachlehrer. Sogar Verkaufs-, Rhetorik- oder Kommunikationstrainer von Geschäftskunden laufen Gefahr, von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) als besonders "schutzbedürftig" und daher rentenversicherungspflichtig eingestuft zu werden!

Auchtung: Journalisten, Publizisten Texteverfasser, die Ihr Wissen, Erfahrungen schriftlich oder auf andere Weise (multi)medial unter die Leute bringen, sind hingegen grundsätzlich keine Lehrer: Für die Sozialversicherung der sogenannten Kreativberufe ist die Künstlersozialkasse zuständig. Dabei handelt es sich aber ebenfalls um eine Pflichtversicherung! Hinweis: Für die Abgrenzung ist aber oftmals eine Einzelfallprüfung unabdingbar.

sogenennte Berater, Coaches, Supervisoren?

Individuelle Beratung und Coaching gelten grundsätzlich nicht als Lehrtätigkeit: Berater und Coaches sind also nicht rentenversicherungspflichtig. Allerdings handelt es sich bei der Abgrenzung zwischen Unterricht / Training und Beratung um eine schwierige Gratwanderung. Maßgeblich hier sind bereits die frühzeitigen Einlassungen gegenüber der Rentenversicherung, wobei fachanwaltlicher Rat nicht schaden kann. Wer Managerseminare, Firmenschulungen, Workshops oder Trainings anbietet, sollte das Beratungsprofil frühzeitig festlegen und gegebenenfalls mit fachanwaltlicher Unterstützung - je nach Interessenslage -abstimmen


Sehr teuer und nicht selten geradezu existenzbedrohend wird die Sache vor allem dann, wenn die Versicherungspflicht im Rahmen einer Betriebsprüfung nachträglich festgestellt wird.

Die Höhe der Beiträge kann unterschiedlich berechnet werden:

  1. auf Basis der "monatlichen Bezugsgröße" (2008: 2.485 Euro in den alten Bundesländern und 2.100 Euro in den neuen): Bei einem RV-Beitragssatz von 19,9 % (auch Stand: 2008) ergibt sich daraus der ein stolzer "Regelbeitrag" von 494,52 Euro (West) bzw. 417,90 Euro (Ost). Glück im Beitragsunglück haben Gründer und Jungunternehmer: In den ersten drei Jahren ist nur der halbe Regelbeitrag fällig (zurzeit 247,26 Euro bzw. 208,95 Euro). Hinweis: Die Bezugsgrößen können jährlich dynamisiert werden.

  2. nach tatsächlichem Einkommen: Wer Verluste macht oder durchschnittliche monatliche Gewinne von bis zu 400 Euro erwirtschaftet, kann den Mindestbeitrag von 79,60 Euro in Anspruch nehmen. In der monatlichen Gewinnzone zwischen monatlich 401 Euro und 2.485 Euro (im Westen) und 2.100 Euro (im Osten) liegen die einkommensgerechten Beiträge unter dem Regelsatz. Einkommensgerechte Beiträge werden aber nur auf Antrag gewährt.

Als Arbeitseinkommen gilt dabei der - auf den Monat umgerechnete - Gewinn aus selbständiger Tätigkeit laut letztem Einkommensteuerbescheid. Liegt der noch nicht vor, darf das jährliche Arbeitseinkommen auch geschätzt werden.
Falls Sie sich für einkommensgerechte Beiträge entscheiden, müssen Sie Ihren Einkommensteuerbescheid innerhalb von zwei Monaten unaufgefordert der Rentenversicherung vorlegen.


Die Rentenversicherungspflicht von Selbständigen ist im Grundsatz in § 2 SGB VI geregelt. Die meisten Abgrenzungsprobleme und bösen Überraschungen gibt es derzeit bei der Feststellung der Rentenversicherungspflicht von Lehrern, Erziehern, Trainer (auch Fitness, Joga usw.). Das Sozialgesetzbuch sieht darüber hinaus aber auch eine Pflichtmitgliedschaft von selbständig tätigen Pflegepersonen, Hebammen, Lotsen, Küstenschiffern etc. vor. Obligatorisch rentenversichert sind außerdem die Empfänger des Existenzgründungszuschusses ("Ich-AGs") - und das völlig unabhängig davon, welche Tätigkeit sie ausüben. Wer den Gründungszuschuss bekommt, ist als solcher (!) hingegen nicht automatisch pflichtversichert in der Rentenversicherung: Bei diesem Personenkreis ist die Zwangsmitgliedschaft abhängig von ihrer konkreten Tätigkeit. Wichtig: Im Gesetz sind nicht nur die Beitragspflicht und die sich daraus ergebenden Rentenansprüche geregelt: Laut § 190a SGB VI müssen sich versicherungspflichtige Selbständige innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der DRV melden. Wer die Meldepflicht verletzt, muss später nicht nur mit Nachzahlungen rechnen, sondern sogar mit einer Geldbuße von bis zu 2.500 Euro rechnen.